Adrian Adolph Greenberg, der in seinem späteren Beruf als Kostümbildner für Hollywood unter dem Künstlernamen Gilbert Adrian oder schlicht Adrian bekannt war, wurde 1903 in Naugatuck, Connecticut, USA geboren. Sein Vater Gilbert Greenberg ließ seinen Nachnamen in späteren Jahren offiziell auf Adrian ändern, um zum Ausdruck zu bringen, wie stolz er auf seinen Sohn und dessen Arbeit war. Die Großeltern des Kostümbildners Adrian stammten väterlicherseits aus Russland und mütterlicherseits aus Böhmen und Deutschland. Nach seiner Schulausbildung begann er mit 17 Jahren an der New York School for Fine and Applied Arts, die sich heute Parsons School of Design nennt zu studieren. Während seiner Studienzeit wurde er 1922 von Irving Berlin engagiert und designte Kostüme für dessen Revue The Music Box am Broadway in New York City.
Nachdem er wegen seiner Designs ins Gespräch gekommen war, wurde er von Natacha Rambova, ihres Zeichens Schauspielerin und Ehefrau von Rudolph Valentino engagiert, um die Kostüme für ihre nächsten Filme A Sainted Devil (1924) und What Price Beauty? (1925) zu entwerfen.
Der gute Ruf des jungen Kostümbildners stieg weiter, weshalb er ab 1926 als Head Costume Designer für Cecil B. DeMilles eigenes Filmstudio arbeitete. 1928 wechselte DeMille zu Metro-Goldwyn-Mayer und nahm Adrian mit, der mit zarten 25 Jahren fortan Chief Costume Designer des großen Studios war. DeMille verließ das Studio nach einiger Zeit und ging zu Paramount, doch Adrian blieb bei MGM und avancierte in den kommenden Jahren nicht nur zu einem der beliebtesten Designer, sowohl bei Stars als auch beim Publikum, sondern war auch zu einem Workaholic par excellence. Im Laufe seiner fast 20 jährigen Karriere beim Filmstudio arbeitete er an Kostümen für über 200 MGM-Filme.
Viele weibliche Stars von MGM wie z.B. Katharine Hepburn oder Jeanette MacDonald vertrauten seinem Können und arbeiteten oftmals mit ihm zusammen. Für Joan Crawford entwarf er für 28 Filme Kostüme, für Norma Shearer für 18 Filme und mit der viel zu jung verstorbenen Jean Harlow arbeitete er 9 Mal zusammen. Greta Garbo begleitete er quasi durch ihre gesamte Schauspiel-Karriere in Hollywood.
Besonders bekannt war Adrian für seine wunderschönen Abendkleider, die im Film The Women (1939) eindrucksvoll zur Schau gestellt werden. Im Original beinhaltete der Schwarz-Weiß-Film eine 10-minütige Kleiderparade in Technicolor, die jedoch leider oft weg gekürzt wird.
Sein Markenzeichen wurde der Stil, der die Mode der 40er Jahre prägen sollte und den man vor allem mit der Schauspielerin Joan Crawford verband: Schulterpolster, eine schmal geschnittene Jacke mit verspielten Details, die die Schultern und den dreieckigen Schnitt betonen sollten und ein Bleistiftrock. Oftmals hatte ein Ärmel andere Details eingearbeitet als der andere.
Adrian ließ sich nicht von Trends beeinflussen. Er variierte seine Markenzeichen ein wenig, doch seinen grundlegenden Stilmitteln blieb er treu. Er hielt nichts davon Frauen zu sehr in ein Kleid einzuschnüren, wie es in den 50ern wieder in Mode kam. Seine Entwürfe hatten stets etwas Verspieltes. Er arbeitete gerne mit kontrastierenden Stoffen und Farben, spanischen und persischen Motiven, Mustern die optischen Täuschungen gleichkamen, Perlenstickerei und Tiermotiven.
Dabei legte er trotz seines hohen Arbeitspensums großen Wert auf hohe Qualität bei Material und Verarbeitung. Jedes Kleidungsstück wurde in all seinen Schritten vom Schnittmuster bis zur fertigen Kleidung von einem Schneider hergestellt. Um bei ihm aufgenommen zu werden, bekam man Schnittvorlagen und ein Schnittmuster, musste sich alles ohne Hilfe selbst zusammensuchen und zu einem fertigen Stück werden lassen. Wenn man das alles gut hin bekam, war man mit an Bord und musste bald feststellen, dass sich die tagtägliche Arbeit nicht maßgeblich vom Bewerbungsgespräch unterschied.
Adrian scheute nicht vor modischen Wagnissen zurück, wie Margaret Bailey im Buch Those Glorious Glamour Years erzählt:
“….Adrian was not afraid to test surprising new styles or have a bit of fun with a design. He maintained it would either be fashionable by the time the movie was reviewed or be so unusual that it was exempt from fashion.”
Viele von Adrians Entwürfen kamen in den Einzelhandel und waren echte Renner. So z.B. Greta Garbos Schlapphut und Trenchcoat aus dem Film A Woman of Affairs (1928) oder das Organdy-Kleid von Joan Crawford aus dem Film Letty Lynton (1932). Außerdem wurden zahlreiche seiner Entwürfe in der Vogue veröffentlicht.
Obwohl er offen zu seiner Homosexualität stand, heiratete er 1939 die Schauspielerin Janet Gaynor. Man vermutet, dass die Eheschließung die Antwort auf die homosexuellenfeindliche Haltung der Studiobosse und den restriktiven und konservativen Production Code war. Adrian hatte mit seiner Frau, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet war, einen Sohn namens Robin, der 1940 geboren wurde.
1942 verließ Adrian MGM und eröffnete er zusammen mit seinem Geschäftspartner Woody Feurt unter dem Namen Adrian Ltd. einen eigenen Shop in Beverly Hills. Die Eröffnungsshow hielt er in seinem Haus ab, begleitet von einer Frau, die die unterhaltende Gastgeberin gab. Bei dieser Show konnten ausgewählte finanzkräftige Kunden vor allen anderen Stücke aus der Kollektion kaufen. Diese wie auch die eigentliche Eröffnung des Geschäftes waren ein großer Erfolg. Besonders das Kleid mit der Nummer 346, ein schwarzes, schlichtes Abendkleid, das Adrian ursprünglich für die Schauspielerin Carol Landis entworfen hatte, war ein Hit. Alleine in den ersten drei Monaten nach der Eröffnung wurde es 1000 Mal verkauft. Jahrelang mussten Damen, die das Kleid ihr eigen nennen wollten Wartezeiten in Kauf nehmen, weil es so gefragt war. Adrian selbst fand das Kleid übrigens langweilig und ließ es gar nicht erst fotografieren.
Trotz seines großen Erfolges, wurde er von vielen eher als Kostüm- als als Fashiondesigner gesehen, und obwohl nach dem Zweiten Weltkrieg die Mode aus Paris wieder en vogue war, eröffnete er 1948 einen weiteren Shop in New York City, der ebenso fantastisch lief. Zur Eröffnung gab es vier Modenschauen, die von Polizisten überwacht wurden, um die ungeduldige Menge in Schach zu halten. Autor Rober Riles fasst Adrians Bedeutung in der amerikanischen Modewelt der Nachkriegszeit folgendermaßen zusammen:
“During the decade of Adrian Ltd., particularly during the war years, he was one of the American designers capable of making an individual statement. His influence was felt in every showroom and store in the country; his trim jackets and slinky crepe dresses were reproduced in every price bracket. To judge by his imitators, he was the most influential designer in their copybooks. For them he took the place of Paris.”
Nachdem er 1952 einen Herzinfarkt erlitt, setzte sich Adrian zur Ruhe, schloss seinen Shop in Beverly Hills und kaufte sich zusammen mit seiner Frau eine Ranch ein wenig außerhalb von Brasilia, wo die beiden stets die Hälfte des Jahres lebten. Ganz konnte er seine Leidenschaft, die er zum Beruf gemacht hatte, aber nicht aufgeben. 1958 gestaltete er Kostüme für die Oper At the Grand, basierend auf dem ebenfalls von ihm ausgestatteten Film Grand Hotel aus dem Jahr 1932 und befand sich gerade in Kostümarbeiten für eine Inszenierung von Camelot am Broadway, als er 1959 einen weiteren schweren Herzinfarkt erlitt und im Alter von 56 Jahren verstarb.
Adrian war maßgeblich für jene Schnitte und Kostüme verantwortlich die wir alle heute mit den 1940er Jahren verbinden und hat nicht nur die US-amerikanische Mode nachhaltig geprägt. Als man 1940 in einer Umfrage 1000 Konsumenten befragte, wer ihre liebsten Designer waren, schaffte es Adrian zusammen mit zwei weiteren Kostümbildnern aus Hollywood unter die besten 9. Er gestaltete Mode die Frauen nicht einschnüren sollte, die sie stark und mysteriös wirken ließ und die noch heute inspiriert und begeistert.
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