FASHION & FILM: Iris

Der US-amerikanische Großmeister des Dokumentarfilms Albert Maysles, der dieses Jahr im März 88-jährig verstorben ist und bis zum Schluss sehr produktiv war, hinterlässt mit der Dokumentation Iris nicht nur ein Vermächtnis seiner Kunst als Kameramann und Beobachter, sondern auch das Porträt einer faszinierenden, klugen, humorvollen und extravaganten Frau.

Iris Apfel (ehemals Barrel) wurde am 29. August 1921 in New York City als einziges Kind eines Glas- und Spiegel-Fabrikanten und einer Boutique-Inhaberin geboren. Sie studierte Kunstgeschichte an der New York University und besuchte die Kunstschule an der University of Wisconsin. Die junge Iris interessierte sich für Kunst, Mode und Design und begann für die Modezeitschrift Women´s Wear Daily, sowie als Angestellte der Innenausstatterin Elinor Johnson zu arbeiten. Später war sie als Assistentin des Illustrators Robert Goodman tätig.

1948 heiratete sie Carl Apfel und gründete zwei Jahre später gemeinsam mit ihrem Mann die Textilfirma Old World Weavers, die das Paar führte, bis sie sich 1992 zur Ruhe setzten. Die Arbeit als Textilfabrikanten führte die Apfels in alle Teile der Welt, aus denen sie landestypische Gegenstände, Stoffe und Kleidung mitbrachten. Iris Apfel gefielen die farbenfrohen und edlen Stoffe Afrikas und Asiens und sie begann, traditionelle Gewänder zu High-Society Parties in New York City zu tragen. Von 1950 bis 1992 war die Firma der Apfels zudem für Designarbeiten im Weißen Haus zuständig und arbeitete somit für insgesamt 9 US-Präsidenten.

2005 gestaltete Stéphane Houy-Towner unter dem Titel Rara Avis: The Irreverent Iris Apfel eine Ausstellung, die sich aus außergewöhnlichen Outfits aus Iris Apfels erstaunlicher Kleidersammlung zusammensetzte. Die Ausstellung war ein riesiger Erfolg, wurde zur Wanderausstellung umfunktioniert und machte Apfel über die Grenzen der Mode- und Designwelt bekannt. Fortan war sie gefragtes Model für Modestrecken, gestaltete Auslagen in großen Kaufhäusern und 2012 sogar Lektorin an der University of Austin at Texas.

Maysles wirft in seinem Dokumentarfilm einen Blick auf das bewegte und spannende Leben von Iris Apfel und wir lernen dabei nicht nur ihre Wohnung kennen, die vollgeräumt ist mit kuriosen Mitbringseln aus aller Welt, sondern auch ihren herrlichen Humor, ihre trotz ihrer mittlerweile 94 Jahre ansteckende Energie und ihre Weisheit. Sie spricht von ihren Reisen, ihrem geliebten Mann, darüber wie man sich etwas aufbauen muss, wenn man nicht das schönste Mädchen am Platz ist und wie wichtig es ist, in jeglicher Hinsicht bunt und einzigartig zu bleiben.

Man kann viel lernen von Iris Apfel. Wie man klotzt, statt zu kleckern und es trotzdem schafft, dass alles was man trägt aussieht, als wäre es genauso vorgesehen gewesen. Wie wichtig es für die körperliche und seelische Gesundheit ist, dass man immer neugierig und abenteuerlustig bleibt. Und wie man es schafft, beschwingt und mit einer bewundernswerten Leichtigkeit über 60 Jahre mit ein und demselben Mann verheiratet zu sein und auch noch das Berufsleben gemeinsam zu bestreiten. Wenn man Carl und Iris beobachtet, kann man gar nicht anders als zu lächeln. Besonders berührend werden die gemeinsamen Szenen vor dem Hintergrund, dass Carl Apfel im August 2015 kurz vor seinem 101ten Geburtstag verstorben ist.

Technisch ist Iris ein klassischer Dokumentarfilm, aber inhaltlich ist er ein Feuerwerk. Auch Menschen, die mit Mode und Design nicht viel zu tun haben, sollten nicht verpassen, wie die faszinierende Iris Apfel, durch ihre unverkennbaren Brillengläser die Welt sieht.

CREDITS

Originaltitel Iris

Land USA

Filmlänge 79 Min

Jahr 2014    

Kinostart AUT Noch kein fixer Starttermin

Genre Dokumentation, Biographie

Regie Albert Maysles

Drehbuch –

Musik Eine Liste der Songs findet ihr hier

Kamera Albert Maysles, Nelson Walker III., Sean Price Williams

Schnitt Paul Lovelace

Kostüm

Ton Michael Karas

Produzenten Jennifer Ash Rudick, Laura Coxson, Paul Lovelace, Rebekah Maysles

Verleih AUT –

DarstellerInnen Iris Apfel, Carl Apfel, Freunde und Wegbegleiter

Drehorte  New York City, USA

Header: Die unvergleichliche Iris Apfel © http://s.newsweek.com/sites/www.newsweek.com/files/styles/headline/public/2013/08/23/culture%20iris%20apfel.jpg

FASHION & FILM: Gilbert Adrian (1903 – 1959)

Adrian Adolph Greenberg, der in seinem späteren Beruf als Kostümbildner für Hollywood unter dem Künstlernamen Gilbert Adrian oder schlicht Adrian bekannt war, wurde 1903 in Naugatuck, Connecticut, USA geboren. Sein Vater Gilbert Greenberg ließ seinen Nachnamen in späteren Jahren offiziell auf Adrian ändern, um zum Ausdruck zu bringen, wie stolz er auf seinen Sohn und dessen Arbeit war. Die Großeltern des Kostümbildners Adrian stammten väterlicherseits aus Russland und mütterlicherseits aus Böhmen und Deutschland. Nach seiner Schulausbildung begann er mit 17 Jahren an der New York School for Fine and Applied Arts, die sich heute Parsons School of Design nennt zu studieren. Während seiner Studienzeit wurde er 1922 von Irving Berlin engagiert und designte Kostüme für dessen Revue The Music Box am Broadway in New York City.

Nachdem er wegen seiner Designs ins Gespräch gekommen war, wurde er von Natacha Rambova, ihres Zeichens Schauspielerin und Ehefrau von Rudolph Valentino engagiert, um die Kostüme für ihre nächsten Filme A Sainted Devil (1924) und What Price Beauty? (1925) zu entwerfen.

Der gute Ruf des jungen Kostümbildners stieg weiter, weshalb er ab 1926 als Head Costume Designer für Cecil B. DeMilles eigenes Filmstudio arbeitete. 1928 wechselte DeMille zu Metro-Goldwyn-Mayer und nahm Adrian mit, der mit zarten 25 Jahren fortan Chief Costume Designer des großen Studios war. DeMille verließ das Studio nach einiger Zeit und ging zu Paramount, doch Adrian blieb bei MGM und avancierte in den kommenden Jahren nicht nur zu einem der beliebtesten Designer, sowohl bei Stars als auch beim Publikum, sondern war auch zu einem Workaholic par excellence. Im Laufe seiner fast 20 jährigen Karriere beim Filmstudio arbeitete er an Kostümen für über 200 MGM-Filme.

Viele weibliche Stars von MGM wie z.B. Katharine Hepburn oder Jeanette MacDonald vertrauten seinem Können und arbeiteten oftmals mit ihm zusammen. Für Joan Crawford entwarf er für 28 Filme Kostüme, für Norma Shearer für 18 Filme und mit der viel zu jung verstorbenen Jean Harlow arbeitete er 9 Mal zusammen. Greta Garbo begleitete er quasi durch ihre gesamte Schauspiel-Karriere in Hollywood.

Clark Gable und Norma Shearer in "Idiot´s Delight" (1939) © https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/cd/2c/73/cd2c7383e4c6e24ec7baf03623b89c95.jpg

Clark Gable und Norma Shearer in „Idiot´s Delight“ (1939) © https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/cd/2c/73/cd2c7383e4c6e24ec7baf03623b89c95.jpg

Besonders bekannt war Adrian für seine wunderschönen Abendkleider, die im Film The Women (1939) eindrucksvoll zur Schau gestellt werden. Im Original beinhaltete der Schwarz-Weiß-Film eine 10-minütige Kleiderparade in Technicolor, die jedoch leider oft weg gekürzt wird.

Joan Crawford, Norma Shearer und Rosalind Russell in "The Women" © http://www.wornthrough.com/blog/wp-content/uploads/2008/08/the-women.jpg

Joan Crawford, Norma Shearer und Rosalind Russell in „The Women“ (1939) © http://www.wornthrough.com/blog/wp-content/uploads/2008/08/the-women.jpg

Sein Markenzeichen wurde der Stil, der die Mode der 40er Jahre prägen sollte und den man vor allem mit der Schauspielerin Joan Crawford verband: Schulterpolster, eine schmal geschnittene Jacke mit verspielten Details, die die Schultern und den dreieckigen Schnitt betonen sollten und ein Bleistiftrock. Oftmals hatte ein Ärmel andere Details eingearbeitet als der andere.

Adrian ließ sich nicht von Trends beeinflussen. Er variierte seine Markenzeichen ein wenig, doch seinen grundlegenden Stilmitteln blieb er treu. Er hielt nichts davon Frauen zu sehr in ein Kleid einzuschnüren, wie es in den 50ern wieder in Mode kam. Seine Entwürfe hatten stets etwas Verspieltes. Er arbeitete gerne mit kontrastierenden Stoffen und Farben, spanischen und persischen Motiven, Mustern die optischen Täuschungen gleichkamen, Perlenstickerei und Tiermotiven.

Dabei legte er trotz seines hohen Arbeitspensums großen Wert auf hohe Qualität bei Material und Verarbeitung. Jedes Kleidungsstück wurde in all seinen Schritten vom Schnittmuster bis zur fertigen Kleidung von einem Schneider hergestellt. Um bei ihm aufgenommen zu werden, bekam man Schnittvorlagen und ein Schnittmuster, musste sich alles ohne Hilfe selbst zusammensuchen und zu einem fertigen Stück werden lassen. Wenn man das alles gut hin bekam, war man mit an Bord und musste bald feststellen, dass sich die tagtägliche Arbeit nicht maßgeblich vom Bewerbungsgespräch unterschied.

Adrian scheute nicht vor modischen Wagnissen zurück, wie Margaret Bailey im Buch Those Glorious Glamour Years erzählt:

“….Adrian was not afraid to test surprising new styles or have a bit of fun with a design. He maintained it would either be fashionable by the time the movie was reviewed or be so unusual that it was exempt from fashion.”

Viele von Adrians Entwürfen kamen in den Einzelhandel und waren echte Renner. So z.B. Greta Garbos Schlapphut und Trenchcoat aus dem Film A Woman of Affairs (1928) oder das Organdy-Kleid von Joan Crawford aus dem Film Letty Lynton (1932). Außerdem wurden zahlreiche seiner Entwürfe in der Vogue veröffentlicht.

Greta Garbo mit Hut und Trenchcoat in "A Woman of Affairs" (1928) © http://www.garboforever.com/Bilder/Film-Pic/Woman_of_Affairs/Woman_of_Affairs-34.jpg

Greta Garbo mit Hut und Trenchcoat in „A Woman of Affairs“ (1928) © http://www.garboforever.com/Bilder/Film-Pic/Woman_of_Affairs/Woman_of_Affairs-34.jpg

Joan Crawford im Organdy-Kleid in "Letty Lynton" (1932) © https://hollywoodrevue.files.wordpress.com/2012/11/letty-lynton-gown.png

Joan Crawford im Organdy-Kleid in „Letty Lynton“ (1932) © https://hollywoodrevue.files.wordpress.com/2012/11/letty-lynton-gown.png

Obwohl er offen zu seiner Homosexualität stand, heiratete er 1939 die Schauspielerin Janet Gaynor. Man vermutet, dass die Eheschließung die Antwort auf die homosexuellenfeindliche Haltung der Studiobosse und den restriktiven und konservativen Production Code war. Adrian hatte mit seiner Frau, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet war, einen Sohn namens Robin, der 1940 geboren wurde.

Gilbert Adrian mit seiner Ehefrau Janet Gaynor © http://36.media.tumblr.com/tumblr_l216st9u0n1qape0yo1_500.jpg

Gilbert Adrian mit seiner Ehefrau Janet Gaynor © http://36.media.tumblr.com/tumblr_l216st9u0n1qape0yo1_500.jpg

1942 verließ Adrian MGM und eröffnete er zusammen mit seinem Geschäftspartner Woody Feurt unter dem Namen Adrian Ltd. einen eigenen Shop in Beverly Hills. Die Eröffnungsshow hielt er in seinem Haus ab, begleitet von einer Frau, die die unterhaltende Gastgeberin gab. Bei dieser Show konnten ausgewählte finanzkräftige Kunden vor allen anderen Stücke aus der Kollektion kaufen. Diese wie auch die eigentliche Eröffnung des Geschäftes waren ein großer Erfolg. Besonders das Kleid mit der Nummer 346, ein schwarzes, schlichtes Abendkleid, das Adrian ursprünglich für die Schauspielerin Carol Landis entworfen hatte, war ein Hit. Alleine in den ersten drei Monaten nach der Eröffnung wurde es 1000 Mal verkauft. Jahrelang mussten Damen, die das Kleid ihr eigen nennen wollten Wartezeiten in Kauf nehmen, weil es so gefragt war. Adrian selbst fand das Kleid übrigens langweilig und ließ es gar nicht erst fotografieren.

Trotz seines großen Erfolges, wurde er von vielen eher als Kostüm- als als Fashiondesigner gesehen, und obwohl nach dem Zweiten Weltkrieg die Mode aus Paris wieder en vogue war, eröffnete er 1948 einen weiteren Shop in New York City, der ebenso fantastisch lief. Zur Eröffnung gab es vier Modenschauen, die von Polizisten überwacht wurden, um die ungeduldige Menge in Schach zu halten. Autor Rober Riles fasst Adrians Bedeutung in der amerikanischen Modewelt der Nachkriegszeit folgendermaßen zusammen:

“During the decade of Adrian Ltd., particularly during the war years, he was one of the American designers capable of making an individual statement. His influence was felt in every showroom and store in the country; his trim jackets and slinky crepe dresses were reproduced in every price bracket. To judge by his imitators, he was the most influential designer in their copybooks. For them he took the place of Paris.”

Nachdem er 1952 einen Herzinfarkt erlitt, setzte sich Adrian zur Ruhe, schloss seinen Shop in Beverly Hills und kaufte sich zusammen mit seiner Frau eine Ranch ein wenig außerhalb von Brasilia, wo die beiden stets die Hälfte des Jahres lebten. Ganz konnte er seine Leidenschaft, die er zum Beruf gemacht hatte, aber nicht aufgeben. 1958 gestaltete er Kostüme für die Oper At the Grand, basierend auf dem ebenfalls von ihm ausgestatteten Film Grand Hotel aus dem Jahr 1932 und befand sich gerade in Kostümarbeiten für eine Inszenierung von Camelot am Broadway, als er 1959 einen weiteren schweren Herzinfarkt erlitt und im Alter von 56 Jahren verstarb.

Adrian war maßgeblich für jene Schnitte und Kostüme verantwortlich die wir alle heute mit den 1940er Jahren verbinden und hat nicht nur die US-amerikanische Mode nachhaltig geprägt. Als man 1940 in einer Umfrage 1000 Konsumenten befragte, wer ihre liebsten Designer waren, schaffte es Adrian zusammen mit zwei weiteren Kostümbildnern aus Hollywood unter die besten 9. Er gestaltete Mode die Frauen nicht einschnüren sollte, die sie stark und mysteriös wirken ließ und die noch heute inspiriert und begeistert.

Header: Gilbert Adrian © The History for Hire Press, http://www.hollywoodandart.com/adrianamerican.jpg

FASHION & FILM: Edith Head (1897 – 1981)

Die Kostümbildnerin Edith Head wurde als Edith Claire Posener am 28.Oktober 1897 in San Bernardino, Kalifornien geboren. Ihr Vater Max Posener (geb. 1858) war 1876 aus Deutschland in die USA eingewandert, ihre Mutter Anna E. Levy wurde 1875 in St. Louis, Missouri geboren und war die Tochter eines österreichischen Vaters und einer bayrischen Mutter. Die beiden heirateten 1895 und Ediths Vater eröffnete kurz vor ihrer Geburt einen Kurzwarenladen, den er jedoch bereits ein Jahr später wieder schließen musste. Die Ehe von Ediths Eltern hielt nur ein paar Jahre. 1905 heiratete ihre Mutter den Bergbauingenieur Frank Spare, der ständig wechselnde Jobs hatte, weshalb die Familie oft umzog. Edith wurde von ihrem Stiefvater anerkannt als wäre sie sein leibliches Kind und da er gläubiger Katholik war, wurde sie ebenfalls in diesem Glauben erzogen.

Die intelligente und ambitionierte Edith Head studierte in Berkeley wo sie 1919 den Bachelor of Arts in Letters & Sciences für ihr umfassendes Studium der Geisteswissenschaften und Französisch erhielt. Für ihren Master besuchte sie eine weitere hoch angesehene Universität. An der Standford University wurde ihr 1920 der Master of Arts in Romanistik verliehen. Ihren ersten Job hatte sie als Vertretungslehrerin in der Bishop´s School in La Jolla, wechselte jedoch bereits nach einem Jahr zur Hollywood School for Girls, um dort als reguläre Lehrkraft Französisch zu unterrichten. Edith Head strebte ein höheres Gehalt an und schlug deshalb der Schulleitung vor, sie auch Kunst unterrichten zu lassen. Sie hatte jedoch nur grundlegende Kenntnisse aus ihrer Highschool-Zeit, weswegen sie Abendkurse in Zeichnen am Chouinard Art College besuchte.

Dort lernte sie Charles Head kennen, den Bruder ihrer Klassenkollegin Betty Head. Die beiden heirateten am 25. Juli 1923. Die Ehe hielt jedoch nur ein paar Jahre und wurde 1936 geschieden, nachdem die beiden bereits einige Zeit getrennt gelebt hatten. Da sie ihre Karriere als Kostümbildnerin jedoch während ihrer Ehezeit begann, behielt sie den Namen Edith Head als Künstlernamen bis zu ihrem Tode bei.

Obwohl sie keinerlei Erfahrung in den Bereichen Kunst oder Kostümdesign hatte, bekam sie 1924 einen Job als Kostümzeichnerin bei Paramount Pictures, wobei sie bei ihrem Vorstellungsgespräch ein wenig schwindelte und Skizzen von Mitschülern aus ihrem Zeichenkurs als ihre ausgab. Trotz dieses Tricks konnte sie ihr Können jedoch bald unter Beweis stellen. Sie gestaltete Kostüme für Stummfilme, der erste war The Wanderer (1925) und wurde in kurzer Zeit zu einer der führenden Kostümdesignerinnen Hollywoods. Wie es jedoch zu dieser Zeit üblich war, war sie zwar seit den 1920ern ein Aushängeschild des Studios, die Head Artists im Kostümbereich waren jedoch Männer. Zuerst stand sie im Schatten von Howard Greer, dann von Travis Banton. Head war maßgeblich an dem internen Zusammenschluss gegen Banton beteiligt und wurde nach seiner Kündigung 1938 eine hochprofilierte und eigenständige Designerin.

Im September 1940 ehelichte sie den Set-Designer Wiard Ihnen, mit dem sie bis zu dessen Tod 1979 verheiratet war. Ab den späten 30er und in den 40er-Jahren begann ihr Siegeszug als Kostümbildnerin. Besondere Beachtung seitens der Öffentlichkeit erhielt sie 1938 für ihren Entwurf eines Sarong- Kleides für Dorothy Lamour in His Jungle Love der nun immer mit ihr verbunden wurde, obwohl sie in ihren Entwürfen ansonsten eher zurückhaltend war.

Dorothy Lamour und ihr tierischer Filmpartner in

Dorothy Lamour und ihr tierischer Filmpartner in „The Jungle Princess“ © http://i0.wp.com/roxyvintagestyle.com/wp-content/uploads/2013/08/dorothy-lamour-and-gogo-the-chimp.jpg

Für Diskussionsstoff sorgte auch die mit Nerz besetzte Robe von Ginger Rogers in The Lady in the Dark (1944), Das in den schwierigen Kriegszeiten, in der die Zeichen auf Verzicht standen ein so kostbares Kostüm kreiert wurde, war manchen ein Dorn im Auge.

Eine weitere Entwicklung der späten 40er-Jahre tat Edith Head einen großen Dienst und steigerte ihre Bekanntheit: 1949 wurde die Kategorie „Best Costume Design“ bei den Academy Awards eingeführt. Im Laufe ihrer langen Karriere war sie beeindruckende 35 Mal für einen Oscar nominiert und durfte die Trophäe 8 Mal mit nach Hause nehmen. Eine genaue Auflistung ihrer Nominierungen und Gewinne findet ihr weiter unten.

Wenn es um Heads Stil geht, war sie bekannt für ihre maßvollen Entwürfe, die weit entfernt waren von den oft übertriebenen Designs ihrer Kollegen (vor allem ab der Einführung des Farbfilms). Zudem stand sie stets in engem Dialog mit den Schauspielerinnen für die sie die Kostüme entwarf, weshalb sie bei den Damen sehr beliebt war. Zu ihren „Kundinnen“ gehörten im Laufe der 40er und 50er unter anderem Ginger Rogers, Barbara Stanwyck, Shirley MacLaine, Bette Davis, Grace Kelly, Audrey Hepburn und Elizabeth Taylor. Sie war so gefragt, dass sie von Paramount regelmäßig an andere Studios „verliehen“ wurde. Head selbst kleidete sich sehr schlicht, trug gerne Zweiteiler und war bekannt für ihren markanten Haarschnitt und ihre dick umrandete Brille.

Ihre Popularität manifestierte sich auch in Auftritten und gefragten Eigenpublikationen. Am 03. Februar 1955 war Edith Head zu Gast in der beliebten von Groucho Marx geführten Quiz-Show You Bet Your Life und gewann zusammen mit ihrem Partner 1540 Dollar die einem wohltätigen Zweck gespendet wurden. Im Jahr 1959 veröffentlichte sie ihr erstes Buch The Dress Doctor, gefolgt von How To Dress For Success im Jahr 1967, in denen sie über ihre Karriere und ihre Design-Ansichten schrieb.

Nach 43 Jahren bei Paramount Pictures wechselte Edith Head 1967 im stolzen Alter von 70 Jahren zu Universal Pictures. Die Zeiten hatten sich geändert, man drehte nun vermehrt an Original-Schauplätzen und weniger im Studio und viele der Schauspielerinnen, mit denen Head eng zusammen gearbeitet hatte, waren nun in ihrer verdienten Künstler-Pension oder arbeiteten nur mehr sehr selten. Einige der früheren „Kundinnen“ wie z.B. Olivia De Havilland waren nun auch für das Fernsehen tätig, weshalb sich Head vermehrt auf dieses neue Medium konzentrierte. In den späten 70ern wurde Edith Head gebeten eine Uniform für die steigende Zahl weiblicher Mitglieder der United States Coast Guard zu entwerfen. Sie tat es mit Begeisterung, nannte es selbst eines der großen Highlights ihrer Karriere und erhielt für ihre Arbeit den Meritorious Public Service Award.

Auch für ihre Entwürfe für die TV Mini-Serie Little Women erhielt sie großes Lob. Ihren letzten Oscar gewann sie 1974 für den Film The Sting, war jedoch danach noch zwei weitere Male nominiert. Ihre letzte Arbeit war für den Film Dead Men Don´t Wear Plaid (1982) mit Steve Martin und Carl Reiner in den Hauptrollen, für den alte Filmszenen aus den 40er Jahren mit neu gedrehten verbunden wurden. Durch ihre große Erfahrung mit der Mode dieses Jahrzehnts war sie die perfekte Besetzung, um die Hauptdarsteller passend einzukleiden.

Der Film kam erst nach ihrem Tod in die Kinos und stand im Gedenken an ihr glanzvolles Leben. Edith Head starb am 24. Oktober 1981, ein paar Tage vor ihrem 84. Geburtstag an einer unheilbaren Knochenmarkserkrankung.

Head lebt nicht nur in den von ihr designten Kostümen weiter, sondern hatte auch, ähnlich wie Alfred Hitchcock, mit dem sie mehrmals zusammen arbeitete, einige Auftritte bei denen sie quasi sich selbst spielte. In Lucy Gallant (1955) tritt sie als Showmasterin einer Modenschau auf, in The Pleasures of His Company (1961) präsentiert sie Debbie Reynolds Filmfigur Kleider für deren bevorstehende Hochzeit und in The Oscar (1966) ist sie in drei Szenen ohne Text als Kostümdesignerin zu sehen. Zudem hatte sie in der Columbo-Folge Requiem for a Falling Star (1973) einen kurzen Auftritt als Designerin für Anne Baxters Figur. Im Hintergrund sieht man ihre Oscars auf ihrem Arbeitstisch stehen.

Edith Head in der Columbo-Folge

Edith Head in der Columbo-Folge „Requiem for a Falling Star“ © https://s-media-cache-ak0.pinimg.com/736x/50/95/13/5095130e092fc3e6e9d4b4046fdb0186.jpg

Wie beliebt und bekannt Edith Head war und ist, sieht man auch an den vielen Tributen die ihr in allen möglichen Formen nach ihrem Tod gezollt wurden. Sie ist Teil des Songtitels „(She Thinks She´s) Edith Head“ der Band They Might Be Giants, ist Teil einer US-amerikanischen Briefmarken-Serie, die die Menschen hinter der Filmkamera ehren soll und wurde anlässlich ihres 116. Geburtstages als Google Doodle verewigt.

Basierend auf dem Buch Edith Head´s Hollywood das von Edith Head und Paddy Calistro geschrieben worden war, entstand das Theaterstück A Conversation with Edith Head das im Januar 2014 am Buddies in Bad Times Theatre in Toronto, Kanada Premiere feierte. Das Stück wurde von Paddy Calistro und Susan Claassen geschrieben und erhielt überschwängliche Kritiken. Claassen war in der Hauptrolle zu sehen, präsentierte ein Kleid das angeblich für Grace Kelly entworfen worden war, zahlreiche Entwürfe von Head und stand nach dem 90-minütigen Stück in ihrer Rolle als Edith Head einem improvisierten Meet & Greet mit interessierten Zuschauern zur Verfügung.

Susan Claassen als Edith Head in

Susan Claassen als Edith Head in „A Conversation with Edith Head“ © http://fo4mw16y1z42edr6j2m4n6vt.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/eh-560-51.jpg

In der Ausstellung Designing Woman: Edith Head at Paramount 1924 – 1967 wurde ihre gesamte Paramount-Kostümkollektion 2014 für 1 ½ Monate im Decorative Arts Center of Ohio gezeigt.

Und wer sich bei Fotos von Edith Head an Edna Mode auf dem Pixar-Film The Incredibles erinnert fühlt, hat ins Schwarze getroffen. Laut dem Regisseur Brad Bird, der auch für die Synchronisation der Figur zuständig war, basiert Edna Mode hauptsächlich auf der großen Edith Head.

Edna Mode aus dem Pixar-Film

Edna Mode aus dem Pixar-Film „The Incredibles“ © http://a.dilcdn.com/bl/wp-content/uploads/sites/2/2013/08/Helen_profile.jpg

Head war eine ambivalente Persönlichkeit. So gewann sie den Kostüm-Oscar für den Film Sabrina, obwohl die Kostüme eigentlich vom jungen Modedesigner Hubert de Givenchy stammten und ihr wurde unterstellt, dass sie sich gelegentlich mit Entwürfen brüstete die von ihren Schülern stammten. Auf der anderen Seite finden sich in der Filmdatenbank IMDb bei Edith Head im Bereich „Costume Designer“ unglaubliche 447 Einträge und bei „Costume and Wardrobe Department“ weitere 80. Es wird angenommen, dass sie beinahe 1000 Filme mit ihren Kostümentwürfen versorgte, doch selbst wenn es „nur“ rund 500 sind, ist das eine beeindruckende Zahl. Daran sieht man, wie maßgeblich Edith Heads Beitrag gleichermaßen zur Film- und zur Modewelt ist, auch wenn ihr ihr Erfolg manchmal zu Kopf gestiegen sein mag. In einer Zeit, in der es für Frauen nicht selbstverständlich war so erfolgreich zu sein, schaffte es Head mit viel Arbeitswut und Ambitionen an die Spitze. Darum sei diese Biographie mit einem motivierenden Zitat von Head geschlossen:

Oscar-Nominierungen und –Gewinne von Edith Head

Anmerkung: Bis 1967 wurden die Filme in zwei Kategorien unterteilt: „Schwarz-Weiß-Film“ und „Farbfilm“

  • 1949 – Color – The Emperor Waltz
  • 1950 – Black and White – The Heiress– gewonnen
  • 1951 – Color – Samson and Delilah– gewonnen
  • 1951 – Black and White – All About Eve– gewonnen
  • 1952 – Black and White – A Place in the Sun– gewonnen
  • 1953 – Color – The Greatest Show on Earth
  • 1953 – Black and White – Carrie
  • 1954 – Black and White – Roman Holiday– gewonnen
  • 1955 – Black and White – Sabrina– gewonnen
  • 1956 – Color – To Catch a Thief
  • 1956 – Black and White – The Rose Tattoo
  • 1957 – Color – The Ten Commandments
  • 1957 – Black and White – The Proud and Profane
  • 1958 – Best Costume Design – Funny Face
  • 1959 – Best Costume Design, Black and White or Color – The Buccaneer
  • 1960 – Color – The Five Pennies
  • 1960 – Black and White – Career
  • 1961 – Color – Pepe
  • 1961 – Black and White – The Facts of Life– gewonnen
  • 1962 – Color – Pocketful of Miracles
  • 1963 – Color – My Geisha
  • 1963 – Black and White – The Man Who Shot Liberty Valance
  • 1964 – Color – A New Kind of Love
  • 1964 – Black and White – Wives and Lovers
  • 1964 – Black and White – Love with the Proper Stranger
  • 1965 – Color – What a Way to Go!
  • 1965 – Black and White – A House Is Not a Home
  • 1966 – Color – Inside Daisy Clover
  • 1966 – Black and White – The Slender Thread
  • 1967 – Color – The Oscar
  • 1970 – Sweet Charity
  • 1971 – Airport
  • 1974 – The Sting– gewonnen
  • 1976 – The Man Who Would Be King
  • 1978 – Airport ’77

Header: Edith Head bei der Arbeit © http://wallpapersoul.com/edith-heads-work-wallpaper.html